Dieses Mal hatte ich den Newton Boco AT 6 im Test.
Der Trailschuh des amerikanischen Herstellers aus Boulder, Colorado ist mein erster Schuh von Newton Running und dementsprechend gespannt war ich ob der „Underdog“ sich gegen die Platzhirsche behaupten kann.

Ob der Boco überzeugen konnte klärt der folgende Bericht.

Tester: Patrick Salm

Testzeitraum: ca. 3 Wochen

Modell: Bocco AT 6

Kategorie: Trail

Technologien: EcoPure, wasserabweisendes Obermaterial, P.O.P, Action/Reaction

Farbe: black-aqua

Sprengung: 3mm

Gewicht: 247g

Preis: UVP 140€

Newton Boco AT 6 Trailschuh im Test – PSBLOG

[WERBUNG] Der Bocco AT 6 wurde mir von Outside-Stories.de zur Verfügung gestellt [WERBUNG]
Dieser Bericht spiegelt dennoch nur meine persönliche, unabhängige Meinung und Erfahrung wieder und wird nicht vom Hersteller beeinflusst. Bilderquelle teilweise: newtonrunning.eu

Herstellerbeschreibung/Infos

Boco AT 6: Macht deinen Trailrun trittsicher!

Das Abenteuer wartet abseits der befestigten Wege! Mit dem Boco AT 6 hast du genau den richtigen Partner, um deine Abenteuerlust beim Laufen auszuleben. Die multidirektionalen Lugs unter dem Vorfuß sind für mehr Stabilität auf unebenen Untergründen mit EVA gefüllt – statt wie sonst bei Newton üblich mit Luft. So geben sie dir bei jedem Schritt die Energie zurück, die du in der Aufprallphase in den Schuh hineinsteckst – und dass, ohne dabei schwammig zu sein. Dank des geringen Drops von 3 mm und des richtungswechselfreudigen Sohlenprofils kannst du auch auf den technische Trails Gas geben und hast sicheren Halt im Schuh. Regen, Schnee und Hagel können dem atmungsaktiven und strapazierfähigen Allwetter-Obermaterial nichts anhaben.

Der Newton Boco AT 6 ist für dich geeignet,

wenn du im Gelände einen Schuh schätzt, der dynamisch, direkt, trittsicher und wasserabweisend ist. Mit dem Boco AT 6 hast du zudem einen Schuh, der einen gelenkschonenderen, natürlichen Laufstil fördert, der dich langfristig noch besser über deine Trails bringt. Also, Lust auf ein Abenteuer? Dann ab auf den Trail mit euch beiden!

Das ist neu beim Newton Boco AT 6:

In seiner 6. Auflage ist der Boco jetzt in Sachen Nachhaltigkeit komplett überarbeitet worden, sprich: er ist vollständig aus recycelten Materialen gefertigt und biologisch abbaubar. Dank der EcoPure®-Technologie wird der Schuh 75 % schneller zersetzt als Schuhe ohne EcoPure® – und übrig bleiben dann lediglich ungiftiges Biogas und Biomasse.

Optik/Haptik

Wie immer der Hinweis, Gefallen liegt im Auge des Betrachters und ist absolut subjektiv. Für die Leistung eines Laufschuhs ist die Optik natürlich relativ unwichtig und bei einem Trailschuh, der nicht selten komplett mit Dreck bedeckt ist sinkt die Wichtigkeit des Aussehens noch weiter. Ein klein wenig isst das Auge aber eben dennoch mit und somit erntet Newton, zumindest von mir, den ersten Minuspunkt ohne etwas wirklich falsch gemacht zu haben.
Der Boco AT 6 sieht zwar gar nicht schlecht aus und die farblich abgesetzte Mittelsohle passt auch ganz gut zur ansonsten sehr dezenten Optik, aber im Vergleich zu vielen Konkurrenten wirkt der Schuh für mich ziemlich langweilig und altbacken.
Davon abgesehen macht der Boco einen sehr guten ersten Eindruck. Der „klassische“ Schuh verzichtet auf neumodische Elemente oder Spielereien, wie Schnellschnürung, Sockliner oder ähnliches, dafür gibt es einen gut gepolsterten Einstiegsbereich, eine „normale“ Zunge und eine Schnürung mit ausreichend Zugpunkten und zusätzlichen oberen Löchern für eine Fersenhalt-/Marathonschnürung.
Die Außensohle bietet einen ungewohnten Anblick und ähnelt keiner anderen Sohle die ich bisher gesehen habe. Das Sohlendesign lässt zwar vermuten das es sich hier um einen Trailschuh handelt, aber ob es wirklich im Gelände funktioniert kann?
Die Verarbeitung ist hervorragend, der Schuh macht einen robusten Eindruck und die Materialien fühlen sich alle samt sehr hochwertig an. Bei der Farbauswahl müssen die Kunden sich nicht verrückt machen, Newton bietet den Boco aktuell lediglich in schwarz/blau (Männer) und schwarz/rosa (Frauen) an.

Laufen mit dem Boco AT 6

Die Passform des Boco AT 6 ist etwas großzügiger als es bei den meisten meiner anderen Schuhe der Fall ist. Dadurch wird der Schuh auch Läufern mit breiteren Füßen oder der Vorliebe für etwas Freiraum problemlos passen. Obwohl ich zwar eigentlich die „sportliche“ Passform deutlich mehr mag, lässt sich der Boco mit Hilfe der ordentlichen Schnürung sehr schnell perfekt an meinen Fuß anpassen. Der Nachteil meines schmalen Fußes in einem etwas breiteren Schuh sind dabei aber meist die zu langen Schnürsenkel und die sind beim Boco wirklich ziemlich lang.
Einmal ordentlich geschnürt sitzt der Schuh gut, sicher und druckfrei am Fuß.
Bereits auf den ersten Metern wird klar, dass der Boco mit der flachen Mittelsohle und seinen nur 3mm Sprengung (Höhenunterschied Vorfuß/Ferse) nicht unbedingt zur Kategorie der gemütlichen soften Sofa Laufschuhe gehört. Der Schuh vermittelt eine direkte Rückmeldung vom Untergrund, ist straff gedämpft, verschwendet keine Energie durch ein Einsinken des Fußes in den Schuh und wirkt sehr leicht. Obwohl wahrscheinlich auch Fersenläufer mit dem Boco klarkommen können, würde ich ihn eher als reinen Mittel-/Vorfußläufer Schuh bezeichnen. Auf dem Mittel-/Vorfuß gelaufen wirkt der Boco wirklich agil und rollt sauber und neutral ab ohne den Laufstil in irgendeiner Weise zu beeinflussen.
Lediglich bei ganz langsamen Tempi bemerkt man etwas den Drang des Schuhs das Tempo doch etwas zu erhöhen, wobei diese Eigenschaft ja nicht unbedingt schlecht ist und bei vielen Schuhen mit geringer Sprengung vorkommt.
Bei Tempoläufen, Intervallen oder Sprints fühlt der Boco sich deutlich wohle und besser an als bei gemütlichem Traben. Die Dämpfung ist dabei ziemlich straff, aber ausreichend um auch lange Strecken auf hartem Asphalt zu laufen, zumindest für geübte Läufer. 

Dämpfung

Newton setzt bei der Dämpfung nicht nur auf das Zwischensohlenmaterial, welches wie bei fast allen Laufschuhen aus einem modifizierten EVA Material besteht, sondern nutzt zusätzlich sogenannte Lugs in der Sohle.
Laut Newton ist die „Action/Reaction“ Technologie:

„Unser Geheimnis hinter dem einzigartigen Laufgefühl, das Newton Schuhen die Schnelligkeit verleiht, ist die patentierte Action/Reaction™ Technologie. Die aktive Bewegung der Lugs sorgt für eine federnde, trampolinartige Dämpfung, die dich beim Abstoß vom Boden unterstützt und den Energieverlust im Vergleich zu herkömmlichen Dämfpungssystemen reduziert.“

Das Prinzip dieses Dämpfungssystems macht schon Sinn und ist auch nachvollziehbar, theoretisch kann man so einen flacheren Sohlenaufbau realisieren und dennoch eine sehr effektive Dämpfung bereitstellen.
In der Praxis ist es sehr schwer nachzuvollziehen welche Dämpfungseigenschaften von welchem Bauteil kommen und ob die Newton Lugs wirklich einen Anteil an der Dämpfung haben. Die Dämpfung des Boco funktioniert auf jeden Fall, wobei der Schuh einem klar vor Augen führt, dass Dämpfung und Komfort zwei Eigenschaften sind welche nicht zwangsläufig zusammengehören.
Ich spreche sehr oft mit Läufern die nicht so wirklich zwischen Dämpfung und Komfort unterscheiden können und für die weich=gute Dämpfung und straff=schlechte Dämpfung bedeutet. Dies ist aber nicht der Fall, ein Kissen ist z.B. ziemlich weich komfortabel und dämpft, schluckt dabei aber die komplette Energie und bietet keinerlei Rückstellkräfte, während z.B. eine Fahrwerksfeder sehr straff ist, dämpft, aber dabei kaum Energie verliert.
Der Boco ist wirklich kein Kissen, er dämpft Schläge und Stöße zwar soweit das der Bewegungsapparat entlastet wird, ist dabei aber nicht weich, schluckt nur ein Minimum an Energie und bietet sehr gute Rückstellkräfte, er stellt die restliche Energie also wieder für den Abdruck vom Boden bereit.
Ich mag die Dämpfung des Boco, der Schuh ist sehr straff und agil und verschwendet keine kostbare Energie. Ungeübte Läufer die von stärker gedämpften Schuhen mit größerer Sprengung auf den Boco wechseln könnten für die 3mm Sprengung und die straffe Dämpfung evtl. eine Eingewöhnungsphase brauchen.

 

 

Grip

Der Grip ist eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Eigenschaft eines Trailschuhs. Aus diesem Grund gehen viele Hersteller kein Risiko ein und setzen lieber auf Sohlen spezialisierter Zulieferer wie Vibram, Michelin oder Continental. Newton verzichtet auf diesen Schritt und entwickelt die Sohle in eigen Regie, was nicht selten schiefgeht.
Während meines ersten Laufs mit dem Boco war es komplett trocken, der Grip war sowohl auf Asphalt auch auf dem Trail sehr gut und ich hatte nichts zu beanstanden. Allerdings ist das nicht wirklich ungewöhnlich, denn die wenigsten Sohlen versagen bereits auf trockenen Untergründen.
Für meinen 2. Testlauf suchte ich mir dann bewusst einen regnerischen Tag aus, an dem es auch noch bitter kalt war und einige Stellen auf der Straße mit einer leichten Frostschicht überzogen waren.
Als Door-to-Trail Läufer lief ich die ersten Kilometer auf Asphalt, einen steilen Berg hinauf und über einen glitschigen leicht moosigen Weg, welcher eine echte Härteprüfung für Trailschuhe ist und war relativ überrascht wie gut die Sohle des Boco funktioniert. Der Grip lag beinahe auf dem Niveau meiner Vibram Sohlen, es gab keine Unsicherheiten oder Rutscher, weder bergauf noch bergab oder in Kurven. Dieser gute Eindruck änderte sich auch nach dem Abbiegen auf einen Weinbergsweg nicht. Auf dem Weg aus kleinem und großen Schotter gemischt mit etwas Sand und Asphalt schlägt der Boco sich hervorragend und zeigt keinen Anlass für Kritik.
Diesen sehr guten Eindruck hätte ich also fast bis mit nach Hause genommen, wäre da nicht der etwas matschige Trailabschnitt gekommen, welcher mich ordentlich geschockt hat. Die guten Gripeigenschaften des Boco sind wie weggeblasen und ich kann es kaum fassen dass ich den Grip dieses Schuhs noch vor einer Minute gelobt habe.
Dieses Verhalten habe ich inzwischen auf verschiedensten matschigen Wegen festgestellt und für mich ist der Boco auf diesen Untergründen eigentlich nicht nutzbar.
Damit mein Problem mit dem Schuh nicht falsch verstanden wird, ich rede in diesem Fall nicht von tiefem Schlamm oder Matsch in dem der Fuß versinkt, denn dann wäre der mangelnde Grip absolut OK, ich spreche von ganz normalen aufgeweichten Waldwegen und Trails welche wenige Zentimeter tief sind und den Hauptteil meiner Laufwege ausmachen.
Woran das Problem genau liegt ist mir nicht ganz klar, die Stollen des Boco sind zwar relativ klein, aber bei diesen Wegen funktioniert z.B. der Adidas Terrex Speed Ultra trotz der kleinen Stollen hervorragend. Es wird also wohl eine ungünstige Mischung aus Größe und Stollendesign sein.

Der „Grip Index“ ist ein Versuch von mir die Grip Level bei Trailschuhen besser vergleichen zu können. Er findet sich bei allen meiner neueren Trailschuhbeiträge

Protektion

Bei Trailschuhen ist der Schutz der Füße eher ein Thema als bei Straßenschuhen, denn die Chance z.B. auf spitze Steine zu treten oder sich die Zehen anzustoßen ist abseits der Straße deutlich höher.
Meine Anforderungen zum Schutz der Füße erfüllt der Boco. Spitze Steine oder Wurzeln haben sich während meiner Testläufe nie soweit durch die Sohle gedrückt das es unangenehm oder gar schmerzhaft wurde und die verstärkte Zehenkappe schützt die Zehen bei leichten Anstößen ausreichend.

Nässeschutz/Atmungsaktivität

Bei meinem ersten Lauf mit dem Boco im Regen, realisierte ich erst nach ca. einer halben Stunde das meine Füße gar nicht nass waren, obwohl sie das eigentlich sein müssten :-). Zuhause sah ich dann erst das Schlagwort „wasserabweisend“ in der Beschreibung des Schuhs.
Wasserabweisende Schuhe sind relativ selten und der Begriff wasserabweisend ist auch keine genormte Eigenschaft. Im Gegensatz zu Schuhen mit Gore Tex Membran (in der Regel Schuhe mit GTX Zusatz im Namen), bei denen klar ist das sie wasserdicht sind kann man sich vom Nässeschutz von wasserabweisenden Schuhen nur überraschen lassen.
Der Schutz des Boco ist ausreichend um bei leichten bis mittelstarkem Regen auf nassen Wegen unterwegs zu sein ohne nasse Füße zu bekommen.
Starkem Regen hält der Schuh allerdings nicht lange stand und beim kompletten Eintauchen z.B. in einer Pfütze sind die Füße sofort nass.
Als Kaufkriterium taugt das Label wasserabweisend zwar nicht, dennoch ist man in der ein oder anderen Situation nicht traurig darüber wenn die Füße warm und trocken bleiben.
Newton schreibt die Eigenschaft zwar in die Beschreibung, macht aber keine große Aktion daraus oder bewirbt den Schuh aktiv damit, somit empfinde ich es als Bonus und nehme diesen gerne anstandslos an :-) .
Die Atmungsaktivität ist übrigens dennoch gut und kaum merkbar eingeschränkt, man schwitzt nicht mehr im Schuh als bei anderen Modellen.

 

Gallerie

Fazit

Der Boco AT 6 von Newton ist ein Schuh mit Licht und Schatten und alles andere als leicht zu bewerten.
Die Optik des Schuhs ist Geschmacksache und reißt mich zwar nicht vom Hocker, aber ich finde den Boco auch nicht hässlich und ich denke die meisten Läufer können sich mit dem Design anfreunden.
Ähnlich verhält es sich mit der Passform, die für mich deutlich „sportlicher“ sein könnte, mit der ich aber, dank der guten Schnürung mit ausreichend Zugpunkten an den richtigen Stellen, dennoch gut zurechtkomme und so wird es wahrscheinlich auch den meisten anderen Läufern gehen, egal ob sie breitere oder schmalere Füße haben.
Sehr gut gefällt mir dagegen die geringe Sprengung (Höhenunterschied Vorfuß/Ferse) von 3mm welche hervorragend zu der straffen und sehr reaktiven Dämpfung passt. Der Boco rollt neutral ab wirkt sehr agil und bietet sehr gute Rückmeldung vom Untergrund. Obwohl der Boco den Laufstil zwar nicht direkt beeinflusst und auch auf der Ferse gelaufen werden kann, richtet er sich doch ganz klar eher an Mittel-/ oder Vorfußläufer.
Besonders schnelle Läufe, Intervalle oder auch Sprints machen, auf dem Vorfuß gelaufen, richtig Spaß mit dem Boco.
Der Grip des Boco auf allen trockenen Belägen ist, wenig überraschend, einwandfrei, während der Grip auf nassen glatten Untergründen, wie Kopfsteinpflaster, Schiefer oder Asphalt mich hingegen sehr überrascht hat und mit den Sohlen von Vibram oder Continental mithalten kann.
Genauso überrascht hat mich leider der Grip auf matschigen Untergründen, auch wenn es kein tiefer Matsch ist, hier ist der Boco kaum laufbar und bietet praktisch in keiner Richtung nennenswerten Grip, weder bergauf oder bergab noch in Kurven.
Die Verarbeitung des Boco ist wirklich gut und die Materialien wirken hochwertig und robust. Das Obermaterial ist zusätzlich wasserabweisend und hält leichtem Regen oder Läufen auf nassen Wegen stand ohne dabei viel an Atmungsaktivität einzubüßen.
Die UVP von 140€ ist für die Qualität des Schuhs gerechtfertigt, unabhängig davon das ich mir für diesen Preis eher andere Schuhe kaufen würde.
Eine Kaufempfehlung bzw. eine Probelaufempfehlung kann ich für alle Mittel-/Vorfußläufer aussprechen, welche auf der Suche nach einem leichten agilen Schuh sind, evtl. einen leichten Regenschutz möchten und entweder nie oder nur selten im Matsch laufen oder für diesen Zweck noch andere Schuhe zur Auswahl haben.

Newton Boco AT 6

130€
9.2

OPTIK/STYLE

9.0/10

PASSFORM

9.2/10

DÄMPFUNG

9.2/10

GRIP ASPHALT

9.4/10

GRIP LOSE BELÄGE

9.0/10

PREIS-/LEISTUNG

9.4/10

Stärken

  • gute Passform
  • straffe Dämpfung
  • ordentlicher Grip auf Asphalt, Trails, Schotter, Wiesen
  • wasserabweisendes Obermaterial

Schwächen

  • Schnürsenkel unnötig lang
  • schwacher Grip auf matschigen Untergründen